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Tourismus

Was ist der Unterschied zwischen Kuchen und Torte?

Bereits römische Quellen berichten von Backwaren auf Hefebasis. Diese waren zwar pikant und nicht süß, aber in runder Form gebacken und trugen die Bezeichnung „torta“. Im Mittelalter kannte man in unseren Breiten bereits das Früchtebrot, einen Vorläufer unserer späteren Zelten und Stollen. Den endgültigen Siegeszug des Backwerks besiegelte der Import von Zucker aus der „Neuen Welt“ ab der Mitte des 16. Jahrhunderts. Findige Köchinnen und Köche an Königshöfen wussten sich die Gunst ihrer Herrschaft alsbald mit den süßen Gaumenschmeichlern zu erhalten. Von Königin Elisabeth von England berichten Zeitzeugen etwa, dass sie ihrer Zuckersucht sämtliche ihrer Zähne opfern musste.

Das legendäre Zitat von Frankreichs unglücklicher Herrscherin Marie Antoinette

„Dann sollen sie halt Kuchen essen“ hingegen gibt einen Hinweis darauf, dass man die Antwort möglicherweise im historischen Frankreich finden könnte, wo Prunk und Protz nicht nur Schlösser und Parks dominierten, sondern auch die Zuckerbäckerei zur Höchstform auflief. Im Französischen meint „gâteau“ Kuchen im Sinne von hoch gebackenem, flaumigem Backwerk auf Basis eines Rührteiges oder Biskuitbodens. Sprachgeschichtlich verwandt ist er auch mit dem englischen „cake“. Er kann mit Marmelade, Zuckerguss oder Früchten in Berührung kommen, bleibt von der Konsistenz her jedoch hauptsächlich Teig.

Anders gestaltet sich die Sache mit der französischen „tarte“, die vom Wortstamm her unserer Torte gleichkommt. Eine Tarte zur französischen Blütezeit von Zuckerbäckereien war jedoch ein hauchdünner Boden aus Mürbeteig, der mit frischem Obst belegt und mit den Teigresten in Form eines Gitters abgedeckt wurde. Im Englischen wurde der gute alte „cake“ synonym verwendet für alles, was man an Süßspeisen aus Mehl und Zucker backen konnte und erst unmittelbar vor den Augen der Gäste in Stücke schneiden durfte. Im deutschsprachigen Raum gingen Kuchen und Torte jedoch schon bald getrennte Wege.

Zuckerbäckerei in Österreich: Schuld war (nur) der Kaiser

Eigentlich war das Kaiserreich in seiner ganzen Vielfalt an Länderküchen „schuld“ an dem enormen Aufschwung, den das Herstellen von Süßwaren und Backwerk im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm. Der üppigen, aber sparsamen Küche Böhmens verdanken wir noch heute die Tatsache, dass Kaiserschmarrn, Buchteln und Co. nicht nur ein Nachtisch geblieben sind, sondern vom „arme Leute Essen“ zu herrlichen Alltagsgerichten avancieren durften. Den Ursprung der überbordenden K&K-Zuckerbäckerei vermutet man daher bis heute in der böhmisch-mährischen Küche. Die Vorliebe der Aristokratie für Kuchen und anderes Naschwerk führte sogar dazu, dass Caféhäuser wie Demel in Wien und der legendäre Zauner in Bad Ischl sich mit dem Prädikat „K&K-Hofkonditorei“ oder „K&K-Hoflieferant“ schmücken durften. Bestärkt wurde der Hype rund um alles Süße durch damals schon treffsicherer PR-Stories, wie jene um die Vorliebe der Kaiserin Elisabeth nach Veilcheneis oder jene des Kaisers Franz Josef nach dem Gugelhupf der Katharina Schratt, in liebevoller Handarbeit gefertigt, versteht sich.

Zum Kaisergeburtstag: Torte statt Worte

Was schenkt man einem Herrscher, der schon alles hat, zum Geburtstag? Diese Frage trieb im Jahr 1832 Konditormeister Franz Sacher in Wien um. Die Sacher-Torte gilt seitdem zumindest für Österreich als älteste bekannte Torte. Dem widerspricht allerdings ein
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Kuchen oder Torte: Das Runde oder das Eckige?

Auch die spannende Frage nach dem Unterschied zwischen Kuchen und Torte bedarf letztendlich einer klaren, einfachen Antwort. Betrachtet man die historische Entwicklung des Wortes „Torte“, kann ihre Entstehung zeitgleich mit der Verwendung einer runden Backform statt eines eckigen Backblechs in Verbindung gebracht werden. Die Vorarbeit, die bereits die Römer mit ihrer runden, aber pikanten „torta“ geleistet hatten, setzte die Weiterentwicklung der Pfannkuchen zur dekorierten „dort“ im Jahre 1600 stilsicher fort. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts findet sich in Kochbüchern und Rezeptsammlungen zunehmend Backwerk aus Butterteig wieder, das zunächst in der (runden!) Pfanne und danach im Backofen weiterverarbeitet wird. Ein runder Kuchen also, der garniert, dekoriert, überzogen, gefüllt und eingestrichen wird, darf sich Torte nennen.

Kuchen oder Torte: Die Antwort ist vielschichtig

Kulturhistorisch gewachsen sind in Österreich beide Begriffe ebenso, wie Kuchen und Torte gleichermaßen aus unseren Küchen und Backstuben, vor allem aber von unseren Tellern nicht mehr wegzudenken wären. Am einfachsten erklärt sich der Unterschied zwischen Kuchen und Torte in den für ihre Herstellung notwendigen Arbeitsschritten. Einen Kuchen schiebt man ins Backrohr (die derzeit sehr modernen No bake-Cakes einmal ausgenommen) und holt diesen nach Ende der Backzeit wieder heraus. Bei einer Torte ist der Weg in die Heißluft nur der erste Schritt. Diesem folgt ein zweiter Boden oder das Teilen, Befüllen, Einstreichen und Dekorieren. Eine Torte besteht immer aus mindestens zwei Schichten, die in zwei verschiedenen Arbeitsgängen perfektioniert wird.

Obstkuchen versus Obsttorte veranschaulicht dieses Beispiel am besten. Bei Obstkuchen - egal, ob vom Blech oder aus der runden Backform - kommen die Früchte direkt auf den feuchten Teig und werden mit gebacken. Bei der Obsttorte folgt auf den Teig die Füllung, die Creme, die Obstschicht und zu guter Letzt traditionellerweise noch ein Abschluss mit Tortengelée, welches nicht umsonst diesen Namen trägt. Im Alltag macht der Anlass den feinen Unterschied. Oder wie unsere Großmütter es auszudrücken pflegten: Kuchen ist für Samstag, Torte ist für Sonntag.
 
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